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TEUFELSWAND – Die Tragödie der Unterkircher-Expedition am Nanga Parbat

TEUFELSWAND –

Die Tragödie der Unterkircher-Expedition

am Nanga Parbat

 

»Ein unvorstellbares Drama« (Abendzeitung)

Am 22. Februar 2010 erscheint das Buch »TEUFELSWAND« von Simon Kehrer und Walter Nones. Es geht um den Überlebenskampf in eisigen Höhen – ein Bergdrama, das die Welt in Atem hielt…

JULI 2008: Karl Unterkircher, »der neue Stern am Bergsteigerhimmel« (Hans Kammerlander), und seine beiden Kameraden Simon Kehrer und Walter Nones nehmen die berüchtigte Rakhiot-Wand des Nanga Parbat in Angriff. Auf 6500 Metern kommt es zur Katastrophe:

Foto: Malik

Am zweiten Tag in der Wand stürzt Karl Unterkircher in eine von Neuschnee verdeckte Gletscherspalte fünfzehn Meter tief in den Tod. Für Simon Kehrer und Walter Nones bleibt nur ein Ausweg: Sie müssen ihren Expeditionsleiter und Freund zurücklassen und die Flucht nach oben antreten. Abgeschnitten von der Außenwelt und doch im Fokus der Medien, die einem fassungslosen Weltpublikum in Echtzeit berichten, beginnt ein neun Tage dauernder Kampf gegen Eiseskälte, Lawinen und quälende Schuldgefühle.

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Hier noch eine kleine Leseprobe:

9. Juni bis 14. Juli 2008
Die Expedition

Walter – Fort von der großen Stadt

Willkommen in Islamabad! Kaum setzen Karl, Simon und ich den Fuß vor das Hotel, da begrüßt uns die Metropole bereits auf ihre übliche Art: mit dem betäubenden Lärm der Hupen und Auspufftöpfe, mit der Glocke aus Smog und Feuchtigkeit, die dich erdrückt und deine Atemwege reizt. Die Begegnung mit der Außenwelt ist hier immer eher traumatisch.

Auf der Straße warten wir auf unseren zwölfsitzigen blauen Kleinbus, der, seinem Aussehen nach zu urteilen, schon viel gesehen hat. Sei’s drum, was zählt, ist, dass er uns zum Ziel bringt. In diesen Gegenden darfst du nicht allzu empfindlich sein. Der lokale Vertreter unserer Expeditionsagentur hat unser Gepäck und die Tonnen mit unserer Alpinausrüstung schon auf das Dach laden lassen. Wir werfen einen letzten Blick darauf, um sicherzugehen, dass uns nicht plötzlich etwas Unentbehrliches fehlt. Alles in Ordnung, wir können einsteigen.

Endlich brechen wir zu unserer Fahrt über den Karakorum Highway auf, die uns zum Basislager des Nanga Parbat, des killer mountain, wie die Engländer den Berg nennen, bringen soll. Der Bus drängt sich durch das Gewimmel von Fußgängern, Fahrrädern und übervollen Autobussen. Wer wie ich große Städte nicht mag, fühlt sich hier wie in der Hölle. Ich kann es kaum erwarten, das Chaos hinter mir zu lassen, die verschmutzte Luft, die hektischen Menschenmassen, um den Ort zu erreichen, der für uns alle dem Paradies am nächsten kommt: den Berg. Mit seiner Ruhe, seiner frischen, reinen Luft, der Einsamkeit.

Wir sind zufrieden. Wir haben das Gefühl, nun hat nach ein paar anstrengenden Tagen das echte Abenteuer begonnen. Seit uns der Flug Mailand-Doha-Islamabad nach Pakistan gebracht hatte, waren wir nur noch mit bürokratischen Prozeduren beschäftigt. Benebelt vom langen Flug und von der Hitze, wurden wir von Pontius zu Pilatus geschickt, um eine Unmenge von Formalitäten zu erledigen. Zum Glück kümmern sich die Agenturen um die Organisation, die Kontakte zu den Behörden und um alles Weitere, denn wir Alpinisten haben wirklich kein Talent für diese Angelegenheiten.

Willst du eine Expedition in diesen Regionen der Erde unternehmen, solltest du vor allem eine Eigenschaft mitbringen: viel Geduld. Du musst dich im Tourismusbüro vorstellen, einer Art pakistanischem Alpinclub, und erklären, wohin du willst und was genau du vorhast. Dann musst du die Bewilligung bezahlen. Außerdem eine Kaution für den Abfall, falls du dich als einer von denen herausstellen solltest, welche die Berge mit Unrat übersäen. Und noch eine für den Helikopter, denn die Behörden wollen sich vergewissern, dass, falls du jemanden zu Hilfe rufen solltest, die Bezahlung von deiner Botschaft oder einer Bank garantiert wird. Das scheint alles einem eingespielten Programm zu folgen, und dennoch geht viel Zeit dabei verloren.

Zum Beispiel gestern: Es ging darum, die Kaution für den Hubschrauber zu bezahlen, und unsere Begleiter hätten uns um zehn Uhr im Hotel abholen sollen; aber nein: Niemand kam. Um zwölf Uhr tauchten sie auf und schlugen uns vor, einen Tee zu trinken. Gut, sagten wir, lasst uns Tee trinken. Dann brachten sie uns zum zuständigen Büro, aber auch dort – niemand zu sprechen. Es blieb uns nichts anderes übrig, als zu warten, bis die Angestellten ihren Plausch beendet hatten. Man muss sich damit abfinden: Hier wird das Leben mit sehr viel mehr Ruhe genommen, als wir es gewohnt sind. Die meiste Zeit verbringst du mit Warten, ohne etwas tun zu können.

Zum Ausgleich gönnten wir uns einen freien Nachmittag: Um uns nicht zu sehr von der wirklichen Welt abgeschnitten zu fühlen, besuchten wir mit dem Taxi Rawalpindi, das fünfzehn Kilometer südlich von Islamabad am Fuß der Hänge der Himalaya-Kette liegt. Und für den Abend beschlossen wir, im »Luna Caprese« essen zu gehen, dem italienischen Restaurant, auf das drei Monate zuvor ein Bombenanschlag verübt worden war. Wir wollten einfach dieses kleine Stück Italien im Herzen der Hauptstadt aus der Nähe sehen, aber dazu mussten wir erst die Leute von der Agentur überzeugen. Das Risiko terroristischer Attentate ist nach wie vor sehr hoch. Schließlich gaben sie ihr Einverständnis.

Nun schauen wir also gut gelaunt aus den kleinen Fenstern unseres Kleinbusses auf die Dreieinhalb-Millionen- Metropole, die an uns vorbeizieht. Karl scheint der Zufriedenste der ganzen Truppe zu sein. Dass wir heute hier sind, ist im Grunde genommen sein Verdienst.

Im März 2008 hatten er und ich mit zwei weiteren Gefährten geplant, im Sommer an den Gasherbrum I zu gehen, den elfthöchsten Gipfel der Welt, um eine neue Route durch dessen Nordwand – sie liegt auf chinesischem Territorium – zu eröffnen. Im April, als Karl mit Gästen eine Trekkingtour in Nepal durchführte, kümmerte ich mich gerade um die nötigen Bewilligungen, als mich die Agentur darüber informierte, dass die chinesischen Behörden wegen der bevorstehenden Olympischen Spiele und der Terrordrohungen keine Genehmigungen mehr erteilen würden. Während unsere zwei Kollegen sich entschieden, ganz zu verzichten, schlug mir Karl vor, auf die Nordwand des Nanga Parbat auszuweichen.

Diese Idee war kein Lückenfüller, sondern Teil eines größeren Projekts. Wir hatten zuvor drei Ziele vereinbart, die wir in jenem und im folgenden Jahr angehen wollten: den Gasherbrum I, dann, 2009, den Nanga Parbat und etwas später im gleichen Jahr eine noch nicht durchstiegene Wand am Manaslu, der in Nepal liegt. Alle drei Achttausender hatten wir gründlich studiert. Als die erste Option platzte, nahmen wir deshalb die folgende vorweg. Der Manaslu kam von Anfang an nicht in Frage, da wir wegen des Monsuns erst zwischen September und Oktober an diesen Berg hätten gehen können. Im Sommer nimmt man die Gipfel des Karakorum in Angriff – K2, Gasherbrum I und II, Broad Peak und Nanga Parbat -, die anderen Achttausender geht man dagegen nur im Frühling oder Herbst an, wenn kein Monsun herrscht. Es sollte also der Nanga Parbat sein.

Nach dieser Entscheidung begannen wir, alles so schnell wie möglich vorzubereiten, da wir die Bewilligungen einholen und uns die Ausrüstung in sehr knapper Zeit beschaffen mussten. Wenig später schlug ich vor, Simon zu der Unternehmung einzuladen, der zwei Jahre zuvor mit Karl und mir auf dem Genyen in China gewesen war. Kommt man in Schwierigkeiten, kann man zu dritt auf eine Person mehr zählen. Zu zweit würden wir schneller am Anschlag sein.

Mitte Mai rief Karl ihn an. »Simon, würdest du gern in zwei Wochen mit uns an den Nanga fahren?« Und er: »Das wäre großartig, aber ich weiß nicht, in so kurzer Zeit !« Er war etwas unsicher, da es sein erster Achttausender wäre und er befürchtete, womöglich Probleme mit der Akklimatisation zu bekommen. Aber wir zweifelten nicht daran, dass er mitkommen würde. Einer wie Simon gibt sich mit seinen 28 Jahren nicht mehr damit zufrieden, als Bergführer Klettertouren in den Dolomiten zu unternehmen; er will mehr. Und Karl versprach mehr.

Am Tag darauf sagte er zu. Weil er im letzten Moment auf den Expeditionszug aufsprang, blieb ihm der Organisationsstress beim Einholen der Bewilligungen bei der pakistanischen Regierung und der Planung der Flüge erspart; der Großteil der bürokratischen Arbeit war schon von der Agentur erledigt worden. Innerhalb weniger Tage schaffte er es, per Fax und E-Mail alles zu arrangieren, was ihn anging.

Das Lächeln, das uns dreien heute ins Gesicht geschrieben steht, verrät, dass die ganze Bürokratie der Welt bedeutungslos wird, sobald du die Gegenwart der Berge wahrzunehmen beginnst.

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Die Autoren:

Simon Kehrer, Jahrgang 1979, lebt in St. Vigil/Enneberg bei Bozen. Neben den wichtigsten Dolomitenrouten bestieg er ca. vierzig Viertausender, darunter die Grandes Jorasses und den Eiger.

Walter Nones, geboren 1971 in Gasslöss, Trient, ist ein Bergsteiger von internationalem Ruf. Als Expeditionsgefährte von Karl Unterkircher bezwang er 2004 den K2 (Pakistan).

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Die Presse- und Vortragsreise der Südtiroler Bergsteiger Simon Kehrer und Walter Nones: »TEUFELSWAND – Die Tragödie der Unterkircher-Expedition am Nanga Parbat« macht in folgenden Orten Station:

Bozen
Zeit: Montag, 1. März 2010, 20:00 Uhr
Ort: Kolpinghaus, Bozen
(In Zusammenarbeit mit Athesia Buch)

Innsbruck
Zeit: Dienstag, 2. März 2010, 19:30 Uhr
Ort: Tyrolia Buchhandlung

Rosenheim
Zeit: Mittwoch, 3. März 2010, 20:00 Uhr
Ort: Buchhandlung Förg

München
Zeit: Donnerstag, 4. März 2010, 20:00 Uhr
Ort: Literaturhaus

Leipzig
Zeit: Freitag, 5. März 2010, 20:00 Uhr
Ort: Pentahotel (Veranstalter: Reisefibel)

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TEUFELSWAND

Die Tragödie der Unterkircher-Expedition am Nanga Parbat

Aus dem Italienischen von Christine Kopp

240 Seiten, mit 32 Seiten Farbbildteil,  gebunden

ISBN: 978-3-8902-9378-3

 

Quelle: Piper Verlag – Malik

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