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Buchtipp: Traumtreks Europa – Die schönsten Trekkingtouren zwischen Polarkreis und Mittelmeer

Traumtreks Europa - Darek Wylezol

Buchtipp:

Traumtreks Europa – Die schönsten Trekkingtouren

zwischen Polarkreis und Mittelmeer

Ich möchte Euch den sehr schönen Bildband “Traumtreks Europa – Die schönsten Trekkingtouren zwischen Polarkreis und Mittelmeer” von Darek Wylezol vorstellen, welcher im Mai 2011 erschienen ist. Nicht der Weg, sondern, so einst Reinhold Messner, der Umweg ist das Ziel. Trekking, das ist das Entdecken der Welt nicht auf dem kürzesten, sondern auf dem interessantesten und schönsten Weg, das Ziehen von Ort zu Ort, getrieben von Neugier, Abenteuerlust und purer Freude am Gehen – die vielleicht eindrucksvollste Art, Landschaften, Natur und Kultur zu erleben.

Darek Wylezol, Autor und Fotograf dieses anregenden Bildbandes und weit gereister Trekking- und Expeditionsleiter, präsentiert eine einmalige Auswahl an europäischen Traumtreks. Dazu gehören Klassiker wie der GR 20, die Tour du Mont Blanc, die Alpenüberquerung von Oberstdorf nach Meran und der West Highland Way, aber auch weniger bekannte Routen wie der Arctic Circle Trail auf Grönland, die Jotunheimen-Runde, die Mallorca-Überquerung und der immer populärer werdende Lykische Weg. Damit richtet sich der Bildband nicht nur an Trekking-Neulinge, sondern auch an jeden überzeugten Weitwanderer, der sich von den Geheimtipps des Autors inspirieren lassen möchte.

Mit den in diesem großzügigen Bildband vorgestellten 25 Traumtouren zwischen Polarkreis und Mittelmeer erhält der Leser nicht nur Ideen für die unterschiedlichsten Trekkingreisen, sondern zugleich auch konkrete Hinweise zur Realisierung, denn jede Tour wird mit wichtigen Informationen zur Durchführung sowie Routenkarte und Höhenprofil dargestellt – der perfekte Start ins eigene Trekking-Abenteuer.

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1. Leseprobe:

GR 221 – Durch die Serra de Tramuntara (Spanien: Mallorca)

»Wenn du das Paradies ertragen kannst, komm nach Mallorca«, schrieb einst die amerikanische Schriftstellerin Gertrude Stein an einen Freund. Seit Jahrzehnten folgen Millionen von Touristen diesem Ruf und erholen sich am mallorquinischen Strand. Wer aber das wahre Paradies auf Mallorca sucht, der geht in die Serra de Tramuntana. Und meistens zieht er dort – im Vergleich zum Massenbetrieb an der Küste – seine Spur alleine.

Ob entlang der Steilküste oder hoch über den Pässen – die Berge der Tramuntana lassen die Insel von ihrer wilden Seite erleben. Tief eingegrabene Schluchten, schroffe Karstberge und einsame Bergdörfer begleiten den Wanderer von Port d’Andratx im Südwesten bis nach Pollença im Nordwesten der Insel, wo der Weitwanderweg GR”¯221 nach 150″¯km und acht Tagesetappen endet. Da sich der südliche Teil noch in Bau befindet, sei dem individuellen Trekker der relativ gut markierte Abschnitt ab Valldemossa in der Zentral-Tramuntana empfohlen. Bis nach Pollença sind es immer noch vier bis fünf Tagesetappen mit knapp 80″¯km Gesamtstrecke. Am Tag werden Höhenunterschiede bis zu ca. 900 Höhenmeter überwunden, auf denen man die Inselvielfalt von mediterran bis beinahe alpin erlebt: Panoramawege an den Steilküsten wechseln mit Bergpfaden ab, die je nach Wahl auch Kletterpassagen enthalten können. Eines aber verbindet die abwechslungsreichen Tagesetappen: Die Aussicht ist immer grandios!

Traumtreks Europa - Darek Wylezol

Der Abstecher um den Puig Roig auf dem Mallorca-Trek ist ein Muss! – Foto: Darek Wylezol

Schon im Ausgangsort Valldemossa, einem pittoresken Bergstädtchen nur 19″¯km vom turbulenten Palma de Mallorca entfernt, fühlt man sich in eine andere Mallorca-Welt versetzt: silbern schimmernde Olivenhaine, Steinhäuser, die sich an den Hang schmiegen, friedliche Stille. Darüber ragt die Kartause auf, in der Frédéric Chopin den kalten Winter 1838 mit seiner Geliebten George Sand zubrachte. Und drum herum breitet sich lieblich die Berglandschaft aus, die Kulisse unseres Trekkingabenteuers: sanfte Hügel, die sich schon nach wenigen Wanderstunden in schroffe Felsspitzen verwandeln. Zu den ersten von ihnen gelangt man auf dem Reitweg des Erzherzogs Ludwig Salvator, benannt nach dem Habsburger, der sein Herz an diese Gegend verlor: »Man lässt dann wohl allerhand Bilder aus fernen Zonen in seiner Fantasie aufsteigen, und wenn man schließlich aus seinem Traume erwacht, so preist man sich glücklich, in diesem gesegneten Erdenwinkel verweilen zu dürfen.« Er durfte dies fast 50 Jahre, in denen er Ende des 19.”¯Jh. die Ländereien zwischen Valldemossa und Deií  erwarb, das siebenbändige Werk »Die Balearen« schuf und – Gerüchten zufolge – Dutzende Mallorquinerinnen verführte. Seine weitere Leidenschaft galt dem Reiten und so ließ er atemberaubende Reitwege anlegen, an denen heute der Wanderer seine Freude hat. Steile Klippen und Aussichtspunkte auf Schritt und Tritt – wen kümmern bei diesem grandiosen Panorama schon die amourösen Abenteuer des alternden Erzherzogs? Seinen Spuren folgend steigt man nach Deií  ab, in das idyllische Künstlerdorf, in dem einst der englische Schriftsteller Robert Graves und der deutsche Expressionist Ulrich Lehmann lebten. Heute trifft man hier immer noch echte und weniger echte Künstler, die sich vom Flair des Dorfes inspirieren lassen wollen. Schmale Gässchen, farbenfroh mit Blumen und Majolikabildern verziert, veranschaulichen die Eindrücke, die der spanische Künstler Santiago Rusiñol so in Worte kleidete: »Es ist ein Dorf, das uns zu sagen scheint: Hier hast du mich ganz als Altarbild, sodass du dich beim Vorbeigehen bekreuzigen und mich malen kannst.« Wer hier aber tatsächlich zum Pinsel greift, schafft es heute kaum noch in die Refugi de Muleta, in die erste Unterkunft, malerisch an einem Leuchtturm gelegen.

Traumtreks Europa - Darek Wylezol

Die Bewässerungskanäle unweit von der Tossals-Verds-Hütte – Foto: Darek Wylezol

Über Oliven-, Zitronen- und Orangenhaine des Sóller-Tales – von den Mallorquinern »Huerta« (Obstgarten) genannt – gelangt man am Anfang des zweiten Trekkingtages nach Sóller. Abgeleitet vom maurischen Wort »Sulliar« bedeutet der Stadtname »Gold« und bezieht sich auf das Olivenöl, das den Mauren ebenso viel wert war. Vorbei an den reich verzierten Jugendstilfassaden verlässt man die Stadt auf dem alten Pilgerweg Camí­ des Barranc (Weg der Schluchten). Dieser 600 Jahre alte Pfad verband einst die Stadt mit dem Kloster Lluc. Über das Dorf Biniaraix, das neben dem benachbarten Fornalutx zu den schönsten Dörfern Mallorcas gehört, wandert man zunächst in die tief eingegrabene Schlucht Barranc de Biniaraix, die dem Pilgerweg seinen Namen gab (Barranc heißt Schlucht). Der Weg führt in Dutzenden Kehren zum Kessel von Biniaraix und erreicht damit das Herzstück der Serra de Tramuntana. »Sie sind wie große Wellen, die die Erde, von unermesslichem Sehnen ergriffen, auftürmt bis hoch in den grenzlosen Raum«, schrieb einst der mallorquinische Dichter Miguel Costa i Llobera über die schroffe Gipfelwelt und damit auch die Kurzfassung ihrer geologischen Entstehung. Durch das Aufeinanderprallen der tektonischen Platten aufgefaltet gilt das Gebirge als die Verlängerung der Kordilleren Südspaniens und mit einem Alter von 20″¯Mio. Jahren als einer der jüngsten Gebirgszüge Europas. Wind und vor allem Regen formten im Laufe der Jahrtausende die großteils aus Kalkgestein bestehenden Felsen, verwandelten sie in fabelhafte Gestalten wie die eines Kamels beim Kloster Lluc (das man am Ende des vierten Trekkingtages erreicht). Die wilde Karstlandschaft begleitet dann den Wanderer auf den Coll de L’Ofre (Abstecher zum Gipfel des L’Ofre empfehlenswert), von dem man eine spektakuläre Aussicht von der Palma-Bucht bis hin zu den höchsten Gipfeln der Tramuntana im Norden der Insel genießt. Will man einige davon besteigen, hat man zwischen dem L’Ofre und dem Massanella ein breites und zum Teil auch recht steiles Betätigungsfeld.

Zunächst aber geht es hinunter zum Ufer des Cúber-Stausees, der gemeinsam mit dem weiter nördlich gelegenen Gorg-Blau-See die Hauptstadt Palma seit 1972 mit Trinkwasser versorgt. Die für die heutige Übernachtung vorgesehene Tossals-Verds-Hütte erreicht man durch die Schlucht Torrent d’Almedra. Dieser abenteuerliche Pfad bringt den Wanderer durch fünf Tunnel in die ursprünglichste Schönheit Mallorcas und gilt trotzdem nur als das Präludium für den folgenden Tag.

Die Königsetappe führt nämlich über den höchsten Pass der Insel, den Col de Sa Neu (1205″¯m), der für einzigartige Ausblicke auf die bereits zurückgelegte Strecke und die Ostküste sorgt. Auch der Gipfelstürmer kommt endlich auf seine Kosten: Neben dem Puig des Tossals Verds (1115″¯m) kann er noch den Massanella erklimmen, mit 1352″¯m der höchste für Wanderer zugängliche Gipfel Mallorcas. Der steile Gipfelsteig hat beinahe alpinen Charakter und mit seinen bizarren Felsformationen sowie dem Rundblick über die ganze Insel gehört er zum Pflichtprogramm jedes Mallorca-Wanderers.

Traumtreks Europa - Darek Wylezol

An der Nordküste Mallorcas – Foto: Darek Wylezol

Kommt man nach dem Gipfelabstecher auf den GR”¯221 zurück, so erreicht man am Ende des Tages das Kloster Lluc, dessen Gnadenbild der Schwarzen Madonna (La Moreneta) von den Mallorquinern hoch verehrt wird. Um der Madonna zu huldigen, legen am ersten Augustsonntag noch heute Tausende Pilger die 48″¯km lange Strecke von Palma nach Lluc zu Fuß zurück. An der Klosteranlage befinden sich neben der Berghütte auch Pilgerherbergen, dessen recht komfortable und ruhige Zimmer für erholsamen Schlaf vor der letzten GR-221-Etappe sorgen.

Diese verläuft auf dem historischen Camí­ Vell, der auf den 700″¯m hohen Pass Coll des Pedregaret klettert, um dann – wohl zur Freude der meisten Tramuntana-Überquerer – endgültig nach Pollença abzusteigen. In diesem idyllischen Städtchen, das im fruchtbaren Tal am nordöstlichen Ende des Gebirgszuges liegt, heißt es Abschied nehmen vom Traumtrek auf der Paradiesinsel, wo – den Worten Santiago Rusiñols nach – »... du dein volles Maß an Muße haben, dich im Licht duschen und in den Sonnenaufgängen baden kannst ! wo immer Ruhe herrscht, wo die Männer es nie eilig haben, wo die Frauen nie alt werden, wo nicht einmal Worte verschwendet werden, wo die Sonne sich länger aufhält und sogar der Mond, von der Faulheit angesteckt, langsamer seinen Weg zieht.«

Informationen:

Ausgangspunkt: Valldemossa, 425″¯m. Von Palma de Mallorca (Flughafen) mit dem Bus nach Valldemossa.

Endpunkt: Pollença, 80″¯m. Mit dem Bus über Sóller nach Palma de Mallorca zurück.

Höhenunterschied: Etwa 2250″¯m im Aufstieg und 2600″¯m im Abstieg (4 Tage, 77″¯km).

Anforderungen: Gute Kondition und abschnittsweise Trittsicherheit und Schwindelfreiheit erforderlich (Valldemossa – Deií , Abstecher zum Massanella). Der GR”¯221 ist von Valldemossa bis Pollença gut, aber nicht durchgehend markiert, was unter Umständen Orientierungsschwierigkeiten verursachen kann.

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2. Leseprobe:

Bärentrek (Schweiz – Berner Alpen)

Eiger, Mönch und Jungfrau – wer kennt es nicht, das Schweizer Dreigestirn, die Mutter aller Berglandschaften? Sie sind es, die jedes Jahr Millionen Besucher ins Berner Oberland locken; dorthin, wo die Schneeberge über den grünen Almen zu schweben scheinen. Die kühnen Zacken des Finsteraar- und Schreckhorn, die gewaltigen Nordwände von Eiger und Gspaltenhorn, die Blüemlisalp, der massige Wildstrubel: Sie alle säumen einen Traumpfad, der sich mitten durch schweizerische Urigkeit und Naturidylle schlängelt und unter dem Namen »Bären­trek« das Herz eines jeden Trekkers höher schlagen lässt.

Traumtreks Europa - Darek Wylezol

Mitten in den Berner Alpen – Foto: Darek Wylezol

Die gut 130″¯km lange Trekkingtour quert das Berner Oberland und lässt kein einziges Highlight der Region aus: Eiger-Nordwand und Kleine Scheidegg, Mönch und Jungfrau oder Blüemlisalp mit Oeschinensee – das Panorama wechselt ständig und überzeugt einen bald davon, dass man gerade einen der malerischsten Winkel der Alpen erwandert.

Der Trek beginnt am Bahnhof von Meiringen mit einer Postbus-Fahrt nach Rosenlaui im Reichenbachtal. Die Tür schließt … und schon wird es spannend: Denn nun beginnt die Reise auf den Spuren der Großen Oberlandtour, einer der ersten Reiseschlager Europas im frühen 19.”¯Jh. Das Hotel Rosenlaui ist die erste Station – Jugendstilfassade, mondän, legendär. Genächtigt wird hier immer noch wie vor 100 Jahren, vielleicht im gleichen Zimmer, in dem sich Nietzsche über Menschliches, allzu Menschliches den Kopf zerbrach. Die Schwarzwaldalp folgt und mit ihr die Engelhörner. Kalkweiße Felsen ragen in den Himmel, ein Kletterparadies par excellence. Gleich an der Grossen Scheidegg lohnt es sich, von der Hauptroute abzuweichen und nach First zu wandern. Denn schon nach wenigen Wanderminuten zeigen sich die schönsten Gletscher und Gipfel des Berner Oberlandes. Das Finsteraarhorn zum Beispiel: Mit 4274″¯m der höchste Berner, der früher wegen seines dunklen Gesteins (Amphibolit) Schwarzhorn genannt und bereits 1812 auf der schweren Südostroute erstbestiegen wurde. Oder das Gross Fiescherhorn (4049″¯m), dessen Erstbesteigung 1862 den Engländern Moore und George gelang – in Begleitung der zwei Grindelwalder Bergführer Ulrich Kaufmann und Christian Almer. Letzterer mauserte sich übrigens mit seinen zahlreichen Erstbegehungen zum erfolgreichsten Grindelwalder Bergführer aller Zeiten. Wer seine Heimatberge in voller Pracht bewundern möchte, der steigt von der First-Seilbahnstation noch weiter zum Bachalpsee auf – hier spiegeln sich die Berner Gipfel grandios im Wasser. Zu Fuß oder per Seilbahn gelangt man dann nach Grindelwald, in die – dem keltischen Wort »Grindel« (ein Stück Holz zur Abschrankung) nach – »durch Wald vom Rest der Welt abgeschnittene Talschaft«. Vom Abgeschnittensein ist allerdings längst keine Rede mehr, denn schon in den frühen Jahren des 18.”¯Jh. kamen die ersten Touristen, um die Naturwunder des Tals zu bestaunen. »Es gibt wenige Alpentäler, wo auf so kleinem Raum sich so viel Größe und Schönheit entfaltet: das kühne, wuchtige Wetterhorn, der finstere, wilde (…) Eiger in seiner erdrückend nahen Riesigkeit, dahinter die wilde, (…) Welt bis zu den Fiescherhörnern und dem Finsteraarhorn und dazwischen die beiden Gletscher in ihrer rauen, feindlichen Wüstheit und giftigen Bläue.« Treffender als es Hermann Hesse 1913 tat, kann man die Schönheiten Grindelwalds wohl nicht beschreiben. Und auch wenn sich die Gletscher immer weiter zurückziehen – die einzigartige Berglandschaft Grindelwalds ist in jedem Fall einen längeren Besuch wert.

Zu ihren Höhepunkten gehört mit Sicherheit der Aufstieg zur Kleinen Scheidegg. Dort, wo der Trekker am zweiten Tag gegen Mittag mit dem Blick auf die Eiger-Nordwand seine Mittagspause genießt. Der 1650″¯m hohe Gigant ist ein Publikumsmagnet. »Wie ein böser Störenfried lastet die Wand über dem freundlichen Tal von Grindelwald«, so Luis Trenker über die Wand, »Niemand liebt sie, und wer sie kennt, fürchtet sie!« Furcht ist es nämlich auch, Furcht und Faszination, die den Mythos um den ­Eiger entstehen ließen. Dutzende Seilschaften stürzten hier schon in den Tod; lange Zeit war die Wand die gnadenlose Siegerin. Erst der 24. Juli 1938 brachte den lang ersehnten und schwer erkämpften Erfolg: Vier Tage lang hatten sich Anderl Heckmair, Heinrich Harrer, Fritz Kasparek und Ludwig Vörg durch die Wand gemüht, um dann auf der Kleinen Scheidegg als Helden gefeiert zu werden. Vier Tage lang – 70 Jahre später brauchte der Schweizer Ueli Steck weniger als drei Stunden für seine Solodurchsteigung! Aber nicht nur der Nordwand wegen kommt man hierher. Denn vom Pass startet auch die berühmte Jungfraubahn, die sich jährlich mit insgesamt über fünf Millionen Gästen quer durch den Eiger zum Jungfraujoch auf 3454″¯m Höhe emporschraubt. Das dortige Gipfelpanorama, drapiert mit dem 23″¯km langen Aletschgletscher, teilt man sich – und das bei jedem Wetter – mit Dutzenden fröhlich in die Kamera winkenden Bergfreunden aus aller Herren Länder.

Traumtreks Europa - Darek Wylezol

Die letzten (steilen) Meter zum Hohtürli – Foto: Darek Wylezol

Lässt man die Kleine Scheidegg hinter sich, so lichtet sich allmählich die Wandererschar und bald wird man nur noch von Eiger, Mönch und Jungfrau begleitet. Die drei sind das Grindelwalder Wahrzeichen und locken jedes Jahr unzählige Skifahrer, Wanderer und Bergsteiger ins Berner Oberland. Nur wenige von ihnen wissen, dass sich um die Erschließung dieser drei Berge eine einzige Person besonders verdient machte: der Bergführer Christian Almer. Er war es, der die Erstbesteiger auf die Gipfel von Mönch (1857) und ­Eiger (1858) brachte und 1874 die erste Winterbesteigung der Jungfrau meisterte.

Über Wengen steigt der Weg nach Lauterbrunnen im Lauterbrunnental ab. Mit seinen 72 Wasserfällen prasselt und donnert es von allen Talseiten: Der Staubbachfall stürzt gleich 300″¯m in die Tiefe und begeisterte schon so manchen Dichter und Maler – auch Goethe widmete ihm den einen oder anderen Vers. In Mürren – eine Bergbahnfahrt von Lauterbrunnen entfernt – endet die zweite Etappe. Das autofreie Dorf erlebte seine aufregendsten Tage anno 1968/69, als ein Herr namens James Bond sich hier ein halbes Jahr filmen ließ. Seitdem steht das Berner Oberland für die alpine Filmidylle mit Kuh, Alp und Berg. So jettet auch Bollywood Jahr für Jahr hierher: grüne Wiesen, Stars und Saris. Und dahinter die Jungfrau, die auch diese Frivolitäten stoisch über sich ergehen lässt.

Und selbst wenn man am nächsten Morgen auf dem Weg nach Griesalp ausnahmsweise keiner indischen Schönheit begegnet, so wird man von den grandiosen Ausblicken auf Gletscher-, Breit- und Gspaltenhorn mehr als entschädigt. Letzteres zeigt sich hier von seiner imposantesten Seite, denn seine Nordostwand gilt neben der Eiger-Nordwand als eine der höchsten der Alpen. Nicht minder interessant erscheint das geologische Naturschauspiel auf den Berghängen der gegenüberliegenden Talseite: ein einzigartiges Durcheinander der Granite und Gneise des Aarmassivs und der Kalk-Sedimente der helvetischen Decken. Im faszinierenden Farben- und Formenwechsel stapeln sie sich, falten sich übereinander, der Eiger-Mönch-Jungfrau-Linie entlang. Was man im hinteren Lauterbrunnental beobachtet, kann auf das gesamte Berner Oberland übertragen werden: Berge, die südlich der Kontaktzone liegen, gehören zum Aarmassiv. Sie sind aus dem dunklen, grün schimmernden Amphibolit bzw. hellen Aargranit gebaut. Die Gipfel auf der Nordseite dagegen bestehen aus Sedimentgestein.

Traumtreks Europa - Darek Wylezol

Das Massiv der Blüemlisalp oberhalb der Blüemlisalphütte – Foto: Darek Wylezol

Ob Kalk, Granit oder Gneis – beim Aufstieg zur Sefinenfurgge verliert die Geologie schnell an Bedeutung. Denn die Hangneigung sorgt gleich für ausgiebiges Schnaufen – schließlich steigt man zum zweithöchsten Punkt des Bären­treks. Auf 2612″¯m erreicht man den schmalen Passübergang in das Kiental. Es heißt nun Abschied nehmen von Eiger, Mönch und Jungfrau; heute werden sie beinahe ebenbürtig durch die 3664″¯m hohe Blüemlisalp abgelöst. Betrachtet man deren beeindruckende Gletscherhänge, dann verwundert schon ein wenig der »blumige« Name. Ein verschwenderischer Senner – so eine Kientaler Sage – wurde eines Tages für seine Untaten bestraft: Seine saftig-grüne Blüemlis­alp wurde von einer gewaltigen Lawine erfasst und in eine Eis- und Steinwüste verwandelt. Ein gefundenes Fressen für verwegene Bergsteiger: Bereits 1860 erklomm ein Team um den berühmten Engländer Leslie Stephen das legendenumwobene Wahrzeichen des Kientals. Angeführt wurde die Gruppe durch den »König der Führer«, den Meiringer Gämsenjäger Melchior Anderegg. Er und Christian Almer werden bis heute als Väter des Bergsports des Berner Oberlandes verehrt. Tausende Alpinisten folgen Jahr für Jahr ihren Spuren und »haken« gleich vier oder fünf der neun Berner Viertausender in einer Tourenwoche ab.

Mittendrin und trotzdem abseits der großen Touristenströme befindet sich das enge, bis zum 19.”¯Jh. noch von Bären und Wölfen bewohnte Kiental, das der Trekker beim Abstieg von der Sefinenfurgge nach Griesalp erreicht. Die malerische Alp liegt am Fuße des Zahm Andrist und des Ärmighorn – einsam und ein wenig verschlafen, ein perfekter Standort, um sich vor der Königsetappe am nächsten Tag zu entspannen.

Diese schraubt sich nämlich zum höchsten Punkt der Trekkingwoche hinauf, zum Hohtürli (2778″¯m), einer einzigartigen Aussichtsloge vis-í -vis des Blüemlis- und Doldenmassivs. Die beiden Berge mit ihren wilden Trabantengipfeln beweisen, dass sich auf dem Bärentrek nicht alles nur um Eiger, Mönch und Jungfrau dreht. Die Aussicht ist grandios. Aber sobald man beim Abstieg den Oeschinensee erblickt, wird sie noch um ein Vielfaches überboten. Der türkisblaue See schimmert in der Sonne, die steilen Wände von Blüemlisalp, Oeschinen-, Fründen- und Doldenhorn stürzen geradewegs zu seinen Ufern herab – eine alpine Urlandschaft ohnegleichen. Das Schaustück des 3643″¯m hohen Doldenhorn bilden die 600″¯m hohe Nordwand und der Galletgrat – für Alpinisten der schönste Eisgrat des Berner Oberlandes. Wer diesen Augen- mit einem Gaumenschmaus verbinden will, der nächtigt im Hotel Oeschinensee, das dank seines Standortes und ausgezeichneter Küche zu den charmantesten Unterkünften des Bärentreks gehört. Von der Etappenaufteilung her ist es jedoch günstiger, am vierten Tag noch nach Kandersteg abzusteigen.

Der Ort mit den hübschen Holzhäusern liegt an einer alten Handelsroute ins Wallis, die über den jahrhundertelang gefürchteten Gemmipass führt. 1728 wagte sich Albrecht von Haller über die Gemmi und war von der Landschaft dermaßen beeindruckt, dass er gleich zur Feder griff. Fasziniert von seinem Gedicht »Die Alpen« machten sich die ersten Reisenden ins Berner Oberland – die Geburtsstunde des Alpentourismus hatte geschlagen. 150 Jahre später wanderte auch Mark Twain in der Gegend um Kandersteg und wusste nicht nur Gutes über die hiesige Touristen-Infrastruktur zu schreiben: »Wir kauften hier wohl eine Flasche Bier; jedenfalls nannten sie es Bier, aber der Preis verriet mir, dass es verflüssigte Edelsteine waren, und der Geschmack verriet mir, dass verflüssigte Edelsteine kein gutes Getränk sind.«
Sicherheitshalber füllt man an der nächsten Quelle noch die Trinkflaschen, bevor man zum Bunderspitz, einem Aussichtsberg oberhalb von Kandersteg, aufsteigt. Ein spektakuläres Panorama öffnet sich von dessen Gipfel, das sich vom 100″¯km entfernten Wisenberg im Baselland bis zu den alten Bekannten um den Mönch herum erstreckt. Über Adelboden erreicht man schließlich die wunderschöne Engstligenalp und nimmt von dort am Folgetag den Ammertenpass in Angriff, von dessen Passhöhe erneut Eiger, Blüemlis­alp und Doldenhorn zu sehen sind. Vor dem endgültigen Abstieg nach Lauenen bilden der Iffigsee und der Lauenensee die letzten landschaftlichen Paukenschläge.

Ja, auch am letzten Tag lässt einen die Schönheit der Berner Berge einfach nicht los! Leslie ­Stephen mit seinen vier Berner Erstbesteigungen kann davon ein Lied singen: »Weder Chamonix noch Zermatt können sich mit der Großartigkeit und der Genialität des Berner Oberlandes messen. Kein Gebilde der Natur, das ich jemals sah, ist vergleichbar mit der Erhabenheit jener überwältigenden Bergmauer, die, scheinbar in der Luft schwebend, sich dem entzückten Auge zeigt.« Und kein anderer erlebt diese »Bergmauer« intensiver als der Trekker, der sich sieben Tage lang an ihrer Schönheit erfreuen kann. Um seine Sehnsucht nach vollendeter Berglandschaft zu stillen. Oder auch den hier versammelten Bergfreunden aus aller Herren Länder fröhlich in die Kamera zu winken. Um Menschen wie Christian Almer zu begegnen, der seine Heimatberge, aber auch seine Ehefrau über alles liebte: Mit ihr bestieg er nämlich den 3692″¯m hohen Gipfel des Wetterhorn. Am Tag ihrer Goldenen Hochzeit, damals war er 70 Jahre alt …

Informationen:

Ausgangspunkt: Rosenlaui, 1328″¯m. Mit der Bahn via Luzern oder Interlaken nach Meiringen weiter mit dem Bus nach Rosenlaui.

Endpunkt: Lauenen, 1238″¯m. Mit dem Bus nach Spiez, von dort weiter mit der Bahn.

Höhenunterschied: Ca. 6800″¯m im Aufstieg (wenn man von Lauterbrunnen nach Mürren mit der Bahn fährt, ansonsten ca. 8000″¯m) und 8000″¯m im Abstieg (7 Tage, 130″¯km).

Anforderungen: Leichte Etappen bis Mürren und ab Kandersteg, die Passübergänge Sefinenfurgge und Hohtürli liegen in alpinem Gelände und sind teilweise mit Seilen gesichert. Ausdauer, Trittsicherheit und Schwindelfreiheit erforderlich. Durchgehend markiert, die Passübergänge sollte man bei Schlechtwetter wegen Orientierungsschwierigkeiten (und Gewittergefahr) meiden.

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Inhaltsverzeichnis:

Folgende Touren sind im Buch beschrieben:

1 .  Arctic Circle Trail (Grönland)

2.  Laugavegur – Weg der heissen Quellen (Island)

3.  Jotunheimen – Wo die wilden Trolle wohnen (Norwegen)

4.  West Highland Way (Schottland)

5.  Pembrokeshire Coast Path (Wales)

6.  South West Coast Path (England: Cornwall)

7.  Ruta de la Reconquista (Spanien: Picos de Europa)

8.  Zu den Naturwundern der Pyrenäen (Frankreich – Spanien)

9.  GR 221 – Durch die Serra de Tramuntana (Spanien: Mallorca)

10.  Selvaggio Blu (Italien: Sardinien)

11.  GR 20 – Inselquerung über die Berge (Frankreich: Korsika)

12.  Ligurischer Küstenweg (Italien: Italienische Riviera – Cinque Terre)

13.  GTA – Vom Monte Viso zum Valle di Stura (Italien: Piemont)

14.  Tour du Mont Blanc (Frankreich – Schweiz – Italien)

15.  Walker´s Haute Route (Frankreich – Schweiz)

16.  Bärentrek (Schweiz: Berner Alpen)

17.  Rund um die Bernina (Schweiz: Engadin)

18.  E5 – Von Oberstdorf nach Meran (Deutschland – Österreich – Italien)

19.  Dolomiten-Höhenweg Nr. 4 (Italien: Südtirol – Venetien)

20.  Rund um den Königssee und Watzmann (Deutschland: Berchtesgadener Alpen)

21.  Dachstein-Umrundung (Österreich: Oberöstereich – Steiermark)

22.  Tatra-Überschreitung (Slowakei-Polen)

23.  Zagoria-Trek (Griechenland: Pindos)

24.  E4 – Entlang der Südküste von Kreta (Griechenland: Ägäische Inseln)

25.  Lykischer Weg (Türkei: Mittelmeerküste)

Hier finden Sie das Inhaltsverzeichnis von “Traumtreks Europa – Die schönsten Trekkingtouren zwischen Polarkreis und Mittelmeer” zum Download.

Inhaltsverzeichnis – Traumtreks Europa – Die schönsten Trekkingtouren zwischen Polarkreis und Mittelmeer

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Traumtreks Europa – Die schönsten Trekkingtouren zwischen Polarkreis und Mittelmeer”

Darek Wylezol

224 Seiten mit 218 Farbabbildungen, 25 Höhenprofile, 25 Routenkarten und eine Übersichtskarte

30,0 x 26,0 cm, gebunden mit Schutzumschlag

ISBN 978-3-7633-7054-2

Erschienen im Mai 2011

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Weitere Infos finden Sie hier:

www.rother.de

Quelle: Bergverlag Rother

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