Erster Teil unserer Wanderreise auf dem Weitwanderweg “Rota Vicentina”
Ein gewaltiges Donnern in der Ferne weckte mich unsanft aus meinem Schlaf. Einige Sekunden benötigte ich bis ich wieder wusste, wo ich mich befand. In einem Hotel im Küstenort Porto Covo an der Costa Vicentina in der Region Alentejo in Portugal. Es ist November, die Tage in Deutschland sind kurz, nebelig und kalt. Der Weitwanderweg “Rota Vicentina“ hatte uns mit der Aussicht auf Sonne, Atlantik und wärmere Temperaturen in den Südwesten an die Küste Portugals gelockt.
Thor der Donnergott schien uns nicht wohlgesonnen zu sein, den draußen öffnete der Himmel seine Pforten und der Regen strömte auf die Erde. Es war unsere erste Wanderreise mit Wikinger Reisen. Im Katalog “Individueller Wanderurlaub” hatten wir diese 8-tägige Wanderreise entdeckt und beschlossen es einmal persönlich auszuprobieren. Für uns im Voraus gebuchte Unterkünfte mit Frühstück und mit Gepäcktransport. Wir mussten einfach nur unser leichtes Tagesgepäck tragen, den Fernwanderweg “Rota Vicentina” genießen und abends uns ein schönes lokales Restaurant für unser Abendessen aussuchen.
Inhaltsverzeichnis
Ursprung des Weitwanderweges Rota Vicentina
Gemächlich packten wir unsere Tagesrucksäcke und beim Frühstück blickten wir immer wieder sehnsüchtig aus dem Fenster hinaus. Der Regen wollte aber kein Ende nehmen der ganze Himmel war tiefschwarz. Letztendlich hörte es doch auf und wir starteten auf unsere erste Tagesetappe des 350 Kilometer langen Weitwanderweges “Rota Vicentina”. Die Idee zu dieser Route entstand durch den seit über 30 Jahren in Portugal lebenden Schweizer Rudolfo Müller. 2012 war es dann endlich soweit und die Rota Vicentina wurde eröffnet.
Wir würden nur den sogenannten Fischerpfad (Trilho dos Pescadores, Fisherman´s Trail), den Küstenteil dieses Fernwanderweges laufen, welcher uns rund 75 Kilometer an den Steilküsten und Stränden der Costa Vicentina entlangführen würde. Vom Porto Covo Hotel gingen wir zum Markplatz des ehemaligen Fischerdorfes. In der kleinen Markthalle kann man frisches Obst, Gemüse, Fisch, Honig, Käse, Öl und viele andere Lebensmittel erwerben. Über Kopfsteinpflaster gingen wir am zentralen Platz mit einer kleinen Kirche und den hellen Häuserfassaden hinunter in Richtung Fischerhafen.
In den Sommermonaten herrscht in Porto Covo ein reges Treiben. Viele Touristen, besonders Badeurlauber besuchen die kleinen Strandbuchten zwischen den Felsklippen. Jetzt Anfang November sind die meisten Geschäfte und Restaurants in der Zwischensaison zu. Man trifft hier jedoch einige Touristen aus den Niederlanden und Deutschland, welche zu dieser Jahreszeit mit ihren Caravans die Gegend besuchen.
Nach unserem kleinen Rundgang durch den Ort wählten wir nicht sofort den direkten Weg, sondern besuchten die kleinen die kleinen Strandbuchten. Momentan herrschte Niedrigwasser und an dem leeren Sandstrand sahen wir einen alten Mann mit Gummistiefeln zwischen den Felsklippen umherklettern. Beim näher kommen fragten wir was er denn fangen würde. Portugiesisch verstanden wir nicht, aber er zeigte uns den Inhalt seines Eimers. Er hatte einen Tintenfisch und eine Garnele zwischen den Felsklippen gefunden.
Bei Ebbe bleiben öfters Meerestiere in kleinen Wasserpfützen zwischen den Felsen hängen. Er zeigte uns noch einen natürlichen Durchgang unter den Felsklippen zu einem benachbarten Sandstrand. Der Atlantik war aufgewühlt, die Wellen rollten gegen die Felsküste und liefen hier am Sandstrand aus. Das Meerwasser war zu dieser späten Jahreszeit noch sehr warm. Zur gleichen Zeit begann es wieder von oben an zu regnen. Kurz nach dem Mittag kamen wir dann endlich los in Porto Covo.
Die blaugrünen Markierungen der Rota Vicentina führten uns hinab in den kleinen Fischerhafen von Porto Covo. Wir durchquerten die Bucht und stiegen auf der Gegenseite wieder empor. Rechter Hand des Weges befand sich ein kleiner Aussichtspunkt, der über Holzbohlen erreichbar ist. Wir wanderten oberhalb der Felsküste entlang. Der Horizont über dem Atlantik war dunkel und in Richtung Porto Covo regnete es wieder.
Am Sandstrand Ilha do Pessegueiro stiegen wir hinab und wanderten am Ufer entlang. Nicht weit vor dem Sandstrand befand sich ein kleines Eiland im Meer und am Ende des Strandes sahen wir die Überreste der Festung “Forte da Ilha” oberhalb der Felsklippen. Im 16. Jahrhundert musste wegen den Angriffen nordafrikanischer Piraten und europäischer Seemächte die portugiesische Küste geschützt werden und so entstanden an geeigneten Stellen Verteidigungsanlagen und Bollwerke.
Bei einer längeren Pause am Strand gab es eine kleine Stärkung mit Käse und Brot, welches wir in der Markthalle von Porto Covo gekauft hatten. Hinter dem Forte da Ilha führte uns der Fischerpfad an der Küste entlang, bis es dann über einige Kilometer hinter den Dünen im offenen Buschland weiterging. Am Strand Praia do Malhao streifen wir einen großen Parkplatz und dann wandern wir auf einem kleinen Pfad entlang welcher die herabstürzenden Felsenklippen von Alturas do Norte.
Oben auf den Felsenklippen erblicken wir einige Männer welche hier aus 20-30 Metern Höhe an der Felsenkante angeln. Wir bewundern das Schauspiel mit der langsam untergehenden Abendsonne am Horizont. Kurz nach 17 Uhr begann die Abenddämmerung und 30 Minuten später wanderten wir in den Lichtkegeln unserer Stirnlampen an der Steilküste entlang. Eine ungewohnte Atmosphäre: Der Wind bläst vom Atlantik, man hört die Brandung und es regnet wieder.
Im Dunkeln war die Route des Fischerpfades schwieriger zu finden, da man die kleinen hölzernen Wegmarkierungen schlecht erkennen konnte und das Faszinierendste waren die Kröten die mitten auf dem Weg saßen. Schließlich sahen wir in der Ferne die Lichter von Häusern und näher vor uns parkte ein Auto, welches mit den Scheinwerfern in unsere Richtung leuchtete. Beim Näherkommen sprach uns ein älterer Mann an. Es stellte sich heraus, dass es unser Gastgeber war.
António und seine Frau Idália hatten sich riesige Sorgen gemacht, das uns etwas passiert sein könnte. Es war seit 2 Stunden dunkel und sie konnten nicht wissen, dass wir es gewohnt sind, in der Dunkelheit in den Bergen zu wandern. Wir baten um Entschuldigung als uns bewusst wurde, dass bestimmt nicht alle Wanderer so erfahren wie wir sind, mit Stirnlampen, Proviant, GPS und Schlechtwetterkleidung ausgerüstet sind. Das Ehepaar hatte schon die Polizei benachrichtigt, bei der örtlichen Reiseagentur angerufen und die Restaurants in Vila Nova de Milfontes abtelefoniert. Wir hätten ja eventuell auch schon in einem der Restaurants sitzen können.
António fuhr uns die letzten Kilometer zu unserer Unterkunft Casa do Adro im Ort. Seine Frau Idália begrüßte uns ganz aufgelöst und nahm uns in ihre Arme. Solche Sorgen hatten sie sich noch nie machen müssen. Wir verstanden es und versuchten es Ihnen verlegen zu erklären. Spät aufgebrochen, viele Pausen eingelegt, nicht an die kurzen Tage, jetzt nach der Zeitumstellung gedacht und dass wir es gewohnt sind in der Dunkelheit zu wandern.
In der Casa do Adro waren wir heute die einzigen Nächtigungsgäste. Das Zimmer konnten wir uns aussuchen, zur Begrüßung stand auf dem Zimmer ein hausgemachter Kuchen und im Aufenthaltsraum war ein Kühlschrank voll mit Obst und Bier. Eine Begrüßung wie im Schlaraffenland.
Kurze Zeit später führte uns António zum Restaurant Tasca do Celso, wo wir unseren ersten Wandertag bei ausgezeichneter, frischer Küche und einem Tropfen Wein Revue passieren ließen. Regen, Wind, der Atlantik, die Steilküste mit der Brandung, die Nachtwanderung und dann natürlich unsere besorgten Gastgeber Idália und António José von der Casa do Adro. Als kleines Zeichen unseres Dankes nahmen wir noch einen guten Tropfen Wein mit, als wir zu unserer Unterkunft zurückkehrten.
Hier könnt ihr lesen, was bei unserer Wanderreise auf der Rota Vicentina noch geschah:
Fischerpfad (Teil 2) – Wir kamen als Fremde und gingen als Freunde…
Weitere interessante Artikel zur Rota Vicentina findet Ihr hier:
Bei Trekkinglife: Wandern auf dem Fischerweg: an der Algarve entlang in den Süden
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Routenverlauf unserer Wanderung auf der Rota Vicentina
Reiseinfos für die Rota Vicentina
Anreise mit dem Flugzeug zur Rota Vicentina:
Sie fliegen nach Lissabon oder Faro. Vom Busbahnhof in Lissabon besteht einmal täglich eine Busverbindung nach Porto Covo. Ansonsten steuert noch das Busunternehmen Rede Expresso von Lissabon oder Lagos jeden größeren Ort der Region an. Oder Sie buchen einen Flughafentransfer (ca. 2 Stunden Fahrtzeit) von den Flughäfen in Lissabon oder Faro zum Ausgangspunkt Porto Covo und später vom Endpunkt Odeceixe zurück nach Lissabon oder Faro.
Beste Reisezeit für die Rota Vicentina:
Zum Wandern bietetet sich am besten der Frühling und Frühsommer (März bis Juni) wenn die vielen Blumen blühen, sowie die Herbstmonate (September bis Anfang November), wenn das Meerwasser noch angenehm warm zum Baden ist. Die Sommermonate (Juli/August) sind wegen der Hitze nicht zu empfehlen, außerdem sind die Strände dann so überfüllt, das man die Natur nicht genießen kann.
Die Recherche erfolgte mit freundlicher Unterstützung
von Wikinger Reisen.
Text & Bilder: Mario Hübner
Reiseführer, Wanderführer & Wanderkarten für die Rota Vicentina kaufen
16 Kommentare
Die Küste ist so schön!
Wir sind damals mit dem Auto gefahren, allerdings nur bis Aljezur. So schön ruhig und gleichzeitig wild – großartig!
LG Anke von Daheimistlangweilig
Wow. Was für eine unglaubliche Küstenlandschaft. Ich war bis jetzt “nur” in Lissabon und hätte gerne noch mehr von Portugal gesehen. Naja, ein Grund wieder zu kommen, oder? Inspiration habe ich ja nun 🙂
Liebe Grüße,
Lynn
Hallo, die Tour hört sich super an.
Wie schätzt du die Kondition ein, die man als Teilnehmer mitbringen muss?
Muss man gut trainiert und vorbereitet sein oder kann man sie auch mit normaler Kondition schaffen?
Viele Grüße Simone
Hallo Simone,
eine gewisse Grundfitness für 15 bis 20 Kilometer Wandern am Tag solltest Du schon haben.
Das Gehen im weichen Sand ist das Ungewöhnliche und Anstrengende in den ersten Tagen der Wanderung.
Wenn du die Wanderung mit Gepäcktransport machst, dann wirst du sie auch mit normaler Kondition schaffen. Der Genuss kommt dann von Tag zu Tag mehr… 😉
Gruß Mario
Hallo Mario,
das sind wunderschöne Bilder, die Lust machen genau diese Tour zu gehen.
Wenn ich richtig gelesen habe, sind nicht besonders viele Höhenmeter zu bewältigen, stimmt das? Da man nur am Meer ist.
Aber am Sand kann ich es mir wirklich sehr anstrengend vorstellen.
Viele Grüße
Katja
Hallo Katja,
vielen Dank für das Lob. In den weiteren Artikeln von unserer Wanderreise auf der Rota Vicentina kommen, dann noch viel schönere Bilder.
Viele Höhenmeter sind es wirklich nicht auf dem Abschnittes des Fischerpfades. Das höchste war pro Tag um die 200 Höhenmeter.
Gruß Mario
Das klingt nach einer machbaren Tour. Nachdem wir im September 34km an einem Tag durch den Grand Canyon abgerissen haben, davon ca. die Hälfte der Strecke durch weichen Sand, fühle ich mich sowieso wie der Hulk persönlich :p (auch wenn ich jetzt erstmal ein paar Monate nichts mehr vom Wandern wissen will, die Erinnerung an die Tour sitzt noch)
Viele Grüße
Hallo Mario!
Portugal liebe ich! Zwar war ich erst einmal dort, aber ich war sofort begeistert.
Allerdings assoziiere ich mit Portugal neben dem guten Essen traumhafte Strände, was natürlich Badeurlaub bedeutet. Auf die Idee, auf dem portugiesischem Festland auch wandern zu können hast du mich soeben gebracht 😉
LG, Anita
Hallo Anita,
also traumhafte Strände und Sandbuchten mit blauem Himmel und Sonnenschein wird Du in den weiteren Artikeln über die Rota Vicentina lesen können… 😉
Gruß Mario
Was für ein schöner Bericht. Die Bilder sind toll, und das trotz des Pechs mit dem Regen, der euch immer wieder begleitet hat. Ich war auch richtig gerührt, als ich von eurem Hotelbesitzer mit Familie gelesen habe, der sich so sehr Sorgen gemacht hat. Da fühlt man sich doch gleich gut aufgehoben.
Ein wirklich schöner Bericht, ich werde jetzt gleich mal weiterstöbern.
Lg, Nina
Hallo Mario,
wirklich wunderschön! Ich war im Herbst an der Algarve und habe von dort aus einen Tagesausflug nach Odeceixe (also etwas weiter südlich) gemacht, wo ich ein kleines Teilstück der Rota Vicentina gewandert bin – mit spektakulären Ausblicken auf die Steilküste und versteckte kleine Strändchen. Aber Deine Tour klingt auch super!
Liebe Grüße,
Marion
Hallo Marion,
Danke für das Lob. Bei unserer letzten Etappe sind wir dann in Odeceixe auch angekommen. Das wird im letzten Artikel der Artikelreihe über unsere Wanderung auf der Rota Vicentina zu lesen sein.
Gruß Mario
Hi Mario,
das klingt wirklich super spannend und sieht auch noch toll aus. Leider war ich selber noch nie in Portugal – wird aber ganz sicher nachgeholt 🙂
Dass sich eure Gastgeber solche Sorgen gemacht haben ist wirklich rührend! Irgendwie schön zu wissen, dass es so liebe Menschen gibt.
Viele Grüße
Luisa
Hallo Mario,
wir waren im Januar zum Wandern auf der Rota Vicentina. Eine herrliche Region. Wir haben zwar nicht die gesamte Route gemacht, aber unsere Eindrücke vom Cabo Sardao, dem Porto das Barcas und Porto Covo sind unvergesslich.
Viele Grüße,
Monika und Petar
Hallo,
super Reisebericht!!!
Wir wollen auch Ende April 2019 diesen Weg gehen.
Meine Frage wäre wo bekommt man genaue Hinweise zum Bustransfer? Mit dem Taxi ist es mir zu teuer.
zb. wie komme ich in Lissabon zum Busbahnhof? U-Bahn Nr. Station etc.
Über Tips und Hinweise wäre ich sehr dankbar
LG Gilbert
Wunderschöne Wanderung. Ich war vor etwas mehr als einem Jahr auch in der Gegend unterwegs (allerdings etwas südlicher in der Algarva) und war total begeistert.
Was mir an der Route gefällt: Es gibt ganz unterschiedliche Arten, da unterwegs zu sein. Entweder so wie hier beschrieben als Fernwanderer. Man kann aber auch mit einem Esel, der dann das Gepäck trägt, der Küste entlang wandern.
Gut finde ich auch, dass es verschiedene Ringwege gibt. Da kann man dann jeweils an einem Ort wohnen und mit dem Auto an den Anfang dieser Wege fahren. Das ist vor allem für Leute praktisch, die lieber kleinere Etappen mögen oder eben nur jeden zweiten Tag wandern möchten.