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K2 Expedition 2010 – Gerlinde Kaltenbrunner und Ralf Dujmovits vierter Bericht

K2 Expedition 2010
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Liebe Berg- und Outdoorfreunde,

anbei die neuesten traurigen Informationen vom K2.

An dieser Stelle möchten auch wir, unser Beileid den Eltern, den Angehörigen und den Freunden von Fredrik Ericsson aussprechen…

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Information zum Unfallgeschehnis am K2 – Fredrik Ericsson aus Schweden tödlich verunglückt, 06.08.2010

Nach Rücksprache mit dem Vater unseres Freundes Fredrik und nach Funkgesprüchen mit Gerlinde möchte ich wie folgt über den Unfall wührend des Gipfelaufstiegs zum K2 berichten:

Heute Nacht um 01:30 Uhr waren Fredrik, sein Freund Trey und Gerlinde gemeinsam von Lager IV auf der Schulter des K2 losgestiegen. Da das Wetter seit ca. 23:00 Uhr schlecht war, blieben die anderen 6 Bergsteiger in ihren Zelten zurück. Starker Wind und schlechte Sicht waren die Gründe für die Entscheidung. Nachdem uns Charly Gabl aus Innsbruck am Vorabend für die zweite Nachthälfte aufklarendes Wetter bestätigt hatte, blieben die drei Aufsteigenden bei Ihrem Entschluß. Um 07:00 Uhr meldete sich Gerlinde vom Beginn des sogenannten Flaschenhals (“Bottleneck”): nur noch sie und Fredrik seien im Aufstieg bei weiterhin wenig Sicht und kaltem Wind. Trey sei umgekehrt.

Eine Stunde später um ca. 08:10 Uhr meldet sich Gerlinde mit Entsetzen: Fredrik sei an ihr vorbei gestürzt und sie steige sofort ab um nach ihm zu schauen. Kurze Zeit später meldet sie sich wieder, dass sie nur einen der beiden Ski, die Fredrik mit sich trug, gefunden hätte. Wahrscheinlich sei Fredrik in Richtung der großen Flanke orographisch rechts des Aufstiegs von Lager III zur Schulter gestürzt. Bei der eingeschränkten Sicht sei nichts genaueres zu erkennen gewesen. Später bei weiteren Funkgesprüchen berichtete Gerlinde, dass Fredrik beim unangeseilten Vorsteigen im tiefen Schnee an einer Felsinsel seitlich des Flaschenhals zur Standplatzbereitung einen Haken schlagen wollte und dabei wahrscheinlich weggerutscht sei und sich nicht mehr abfangen konnte.

Gerlinde stieg in Folge bei immer noch schlechter Sicht sehr langsam ab – etwa gegen 9:00 Uhr traf sie die inzwischen von der Schulter aufgestiegenen Darek Zaluski und Fabrizio Zangrilli. Ihnen beide an dieser Stelle meinen verbindlichsten Dank, dass sie bei sehr schwierigen Verhältnissen Gerlinde entgegen gestiegen waren. Wenige Zeit später waren alle drei zurück in Lager IV auf der Schulter.

Inzwischen war der Russe Yura Ermachek von der Schulter in Richtung Lager III abgestiegen und konnte die knapp 800 m hohe Flanke seitlich der Aufstiegsroute einsehen. Und tatsächlich konnte er ca. 400 m schräg horizontal aufwärts von Lager III (7200 m) den reglosen Körper von Fredrik und wahrscheinlich seinen Rucksack erkennen. Der sehr erfahrene Yura stieg noch weiter ab und überzeugte sich, dass eine Querung der riesigen Flanke hin zu Frederick mit extremen Risiken wie Schneebrettgefahr und Eisschlag verbunden wären. Beim Gespräch mit Frederick’s Vater um ca. 16:00 Uhr Ortszeit meinte dieser keine weiteren Gefahren oder Risiken für andere in Kauf zu nehmen und Fredrik an dieser Stelle mit Blick zu seinen Lieblingsbergen, der Chogolisa und zum Laila-Peak, zu lassen.

Gerlinde hat sich vor wenigen Minuten (ca. 18:15 Uhr) von Lager II gemeldet. Steinschlag, ein Seilriss und Standplatzausbrüche hätten den Abstieg sehr erschwert. Sie werde nun warten, bis die abendliche Kälte den Steinschlag beendet und dann weiter ins Basislager absteigen.

Wir alle müssen Abschied von einem unglaublich liebenswürdigen Menschen nehmen. Fredrik Ericsson war hier im Basislager wahrscheinlich der leistungsstärkste Bergsteiger und bei uns allen äußerst beliebt. Wie kein Anderer hat er jederzeit freundliche, gute Laune verbreitet, war immer optimistisch und hat uns mit seiner Leidenschaft für’s Bergsteigen und das Steilwandskifahren angesteckt und begeistert. Lieber Fredrik, Du warst ein feiner Mensch und wirst uns allen in grossartiger Erinnerung bleiben. Unser aller Mitgefühl ist mit Deinen Eltern und Deinen Angehörigen und Freunden,

Ralf Dujmovits aus dem K2-Basislager

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Zwischenmeldung K2 Gipfelaustieg, 06.08.2010

Leider ist es am frühen Vormittag im Aufstieg zum K2-Gipfel zu einem traurigen Zwischenfall gekommen. Gerlinde konnte inzwischen sicher zur Schulter des K2 ins Lager IV zurück kehren und befindet sich im weiteren Abstieg. Mit Rücksicht auf die Angehörigen des Verunfallten werden wir an dieser Stelle erst ab 16:00 Uhr MEZ genaueres berichten.

Danke für Euer bzw. Ihr Verständnis,

Ralf Dujmovits

(Fredrik Ericsson war mit der Oberösterreicherin auf dem Weg zum Gipfel des K2. Der Schwede stürzte 1000 Meter in die Tiefe.  Quelle: TT.com)

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Ralf berichtet aus dem K2 Basislager:

Ein langer, anstrengender Tag liegt hinter Gerlinde und ihren Begleitern. Am Nachmittag sind sie zunächst zu siebt auf der Schulter des K2 auf 8000 m angekommen. Überraschend gute Verhältnisse hat es dort oben, der Schnee ist kaum zu spuren und der Wind hält sich in Grenzen. Und auch für das morgige Wetter gibt es von unserem Freund und Meteorologen Charly Gabl aus Innsbruck im Wesentlichen Positives zu vermelden: Zwar soll die erste Nachthälfte noch bewölkt sein – im Moment, 18:45 Uhr pakistanischer Ortszeit bildet sich gerade eine Haube über dem Gipfel des K2 – in der zweiten Nachthälfte soll es dann aber wieder aufklaren und einen schönen Tag bei moderatem Wind und angenehmen -15° C geben. Drücken wir alle die Daumen, dass es dieses Mal klappen möge. Es wäre Gerlinde so sehr zu vergönnen.

Kurz nachdem wir gestern im Lager III (7200 m) bei allerschönstem Wetter ankamen, wurden wir gleich mit den aktuell schärfsten Gefahren des K2 konfrontiert. Schon während des Aufstiegs waren wir fortwährendem Steinschlag ausgesetzt. Glücklicherweise ohne Folgen. Was uns am Platz von Lager III dann aber die hohen Temperaturen bescherten war doch reichlich heftig. Im Zelt über uns – im Lager III stehen die Zelte auf ausgehackten Plattformen in einem 45° steilen Hang übereinander – hatten Fabrizio und Kinga schon den ersten Einschlag eines Steins zu vermelden. Kurze Zeit später dann wieder dieses angsteinflössende Surren und ein kindskopfgroßer Stein schlug direkt unter uns im Zelt von den Polen Tamara und Darek ein: durch Außen- und Innenzelt, durch die Isomatte und durch den Zeltboden. Niemand wurde getroffen aber fortan saßen auch Gerlinde und ich mit dem Helm im Zelt beim Schneeschmelzen. Die ersten beiden Stunden der Nachtruhe hatte Gerlinde den Helm sogar im Schlaf auf.

Der Steinschlag sollte sich fortsetzen während des heutigen Aufstiegs zur Schulter: sei es dass wir selbst im steilen, extrem brüchigen Felsgelände Steine bis Koffergröße abtraten, die bisher der Permafrost an ihrem Platz gehalten hatte; sei es dass die Steine von weit oben durch die hohen Temperaturen sich von selbst lösten und herunterdonnerten. Irgendwann auf ca. 7500 m, als ich voraussteigend wieder einen fußballgroßen Stein durch leichtes Berühren mit den Steigeisen abgetreten hatte, war es mir persönlich zu spannend und ich beschloß für mich, das Abenteuer K2 2010 zu beenden. Die Chance einen Stein auszulösen, der einen der Kollegen verletzt oder selbst einen Stein abzubekommen, hatte ich noch bei keiner anderen Bergtour so hoch eingeschätzt und damit war für mich der Umkehrzeitpunkt gekommen. Wenn man den Gipfel schon einmal erreicht hat, treten die Gefahren und Risiken verstärkt in den Vordergrund. Am Nachmittag – fast zeitgleich mit Gerlinde’s Ankunft auf der Schulter auf knapp 8000 m – war ich wieder im Basislager, von wo aus ich auch die nächsten beiden Tage versuchen werde zu berichten.

Um 18:30 Uhr hatte ich nochmal mit Gerlinde sprechen können: es geht ihr soweit ganz ordentlich. Neben den Amerikanern Fabrizio und Tray sind noch die 3 Polen Kinga, Tamara und Darek sowie der Schwede Frederik in ihren Zelten neben ihr. Zudem waren gerade noch ein Russe und ein weiterer Pole angekommen. Heute nacht um 01:00 Uhr soll es losgehen. Vom Abruzzengrat ist niemand wie verabredet auf die Schulter hinaufgekommen. Heute war dort wohl Ruhetag in Lager III angekündigt. Im Bereich des Bottleneck ist viel Blankeis zu sehen, meinte Gerlinde, so dass zu hoffen bleibt, dass sich die tiefe Spurarbeit vom vergangenen Jahr nicht wiederholt.

Soviel für heute aus dem K2-Basislager, morgen melde ich mich mit hoffentlich erfreulichen Nachrichten wieder.

Einen herzlichen Gruß,

Ralf Dujmovits

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Weitere Infos finden Sie hier:

Erster Bericht der K2 Expedition 2010

Zweiter Bericht der K2 Expedition 2010

Erster Zwischenbericht der K2 Expedition 2010

Zweiter Zwischenbericht der K2 Expedition 2010

Dritter Bericht der K2 Expedition 2010

Porträt von Ralf Dujmovits

Porträt von Gerlinde Kaltenbrunner

Homepage von Ralf Dujmovits

Homepage von Gerlinde Kaltenbrunner

Quelle: Gerlinde Kaltenbrunner & Ralf Dujmovits

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